Nach Santiago

Ich konnte mal wieder nicht so lange schlafen... Frühstück gab es aber erst ab 7 Uhr. Ich machte mich fertig und sah, dass der Hospitalero bereits Frühstück zubereitete. Ich bot ihm meine Hilfe an, er lehnte ab, da er bereits fast fertig war und bot mir stattdessen Kaffee an. Ein anderer Pilger kam hinzu und wir unterhielten uns. Somit war ich zeitig mit dem Frühstück fertig.


Gestern habe ich mich entschieden bereits heute nach Santiago zu gehen und nicht erst morgen. Das waren knapp 30 km, das schaffe ich. Auf einmal fühlte es richtig an und die Zeit schien gekommen zu sein. Außerdem sollte es morgen richtig stürmen und ich hatte keine Lust im Sturm und bei Regen in Santiago anzukommen. Eine Unterkunft habe ich mir schnell bei Booking.com gebucht. Vieles war bereits ausgebucht...


Ich wurde von den beiden Hospitaleros sehr herzlich verabschiedet und schon war ich wieder auf dem Weg.

Ich hielt in Padrón an. Dort gibt es eine kleine Kirche und eine Jakobsstatue. Der Legende nach hat der Apostel Jakobus hier seine erste Predigt auf dem spanischen Boden gehalten. Über mehrere Stufen ging es hoch hinaus. Ich war breit und weit alleine und genoß die morgendliche Stimmung und die Aussicht.

Danach ging es wieder auf dem Camino weiter. Aus Padrón gingen ebenfalls viele andere Pilger gerade los, u.a. eine riesen Gruppe Touristenpilger. Ich ließ sie passieren damit ich ihre lauten Gespräche nicht höre.

Später war es größtenteils richtig einsam und auf schönen Wegen abseits der Straße. Es war frischer geworden und Schauer waren angesagt.

Das Wetter war total wechselhaft und ich musste mich ständig umziehen. Dann fing es tatsächlich an zu regnen, gerade als ich vor einer Bar war. Also schnell rein, ein Kaffee trinken und den Schauer abwarten. 

Irgendwie war das Laufen heute etwas mühsam... Ich hatte Hunger und war etwas platt. Dann kam eine Bar, die voll war mit Pilgern. Ich machte lange Pause. Neben mir saßen deutsche Pilger und der eine musste einen "wichtigen" Anruf auf der Arbeit machen, weil "die anderen es ohne ihn nicht hinkriegen" und so weiter, und so weiter. Innerlich schüttelte ich den Kopf...
Zwei andere Pilger, welche ich bereits aus dem Kloster kannte, kamen und leisteten mir etwas Gesellschaft. Dann brach ich wieder Richtung Santiago auf.


Ich lief so relativ einsam und wurde etwas traurig... Letztes Jahr habe ich so viel mehr herzliche Menschen kennengelernt mit denen ich mich verbunden fühlte, so viel mehr tolle Gespräche geführt und ich musste nicht alleine nach Santiago einlaufen... Aber zusammen mit Julia und Borzena, das war keine Option und fühlte sich nicht gut an. Dann lieber alleine, das war mir klar.

Dann dachte ich mir: "Sei nicht so negativ und traurig. Du weißt, dass der Camino dir immer das gibt was du brauchst. Es wird schon gut werden. Hab Vertrauen." Also lief ich weiter, ich hatte noch knapp 5km vor mir.

Ich überholte eine junge Frau, die sich ständig bückte und etwas aufhob. Sammelt sie Müll, dachte ich mir. Dann überholte sie wieder mich, als ich kurz stehen blieb um mich umzuziehen. Dann wieder ich sie, weil sie immer noch Müll aufhob. Ich war verunsichert bzgl. des weiteren Weges und fragte sie. Sie zeigte lediglich mit dem Arm in eine Richtung. Ich bedankte mich und ging weiter. Später überholte sie mich nochmal und wenn sie um die Ecke abbog, hatte ich den Eindruck, dass sie nach mir schaute, ob ich noch auf den richtigen Weg bin. Eine kleine Bar kam in Sicht und ein Mann begrüßte die junge Frau auf deutsch. Ich ging gerade vorbei, sie drehte sich um und fragte mich, ob ich nicht ebenfalls Pause machen wolle. Tja, der Camino...


Indra, hieß die junge Frau, kam aus Bonn und war mit ihrem " Patenonkel" Frank aus Köln unterwegs. Beide waren total herzlich und erzählten mir von ihren Erlebnissen und Freunden auf dem Camino. Ich ihnen von meinen und auch meiner Enttäuschung damit... 


Indra ist Nachhaltigkeit sehr wichtig und sie sorgt sich sehr um die Umwelt, deshalb hat sie beschlossen, dass sie sobald sie eine Tüte auf dem Weg findet, so lange Müll aufsammelt bis diese Tüte voll ist. Bemerkenswert...


Sie hatte ein etwas schlechtes Gefühl, dass sie mir vorhin als ich nach dem Weg fragte, diesen nur mit dem Arm angedeutet hat. Sie hat sich gerade so um den vielen Müll geärgert. Aber sie hatte eine Ahnung, dass es mir vielleicht nicht so gut geht. Das war auch der Grund, weshalb sie mich dann doch ansprach.


Indra und Frank munterten mich auf, wir tranken zusammen ein paar Bier und verbrachten einige Zeit in der Bar.
Und dann liefen wir zusammen in Santiago ein. Die Sonne schien, das Gerüst vom Vorjahr war ab und es war einfach nur schön...


Ich lief in meine Herberge und traf kurz davor Lino. Er zeigte mir stolz sein Tattoo. Am nächsten Tag flog er zurück nach Hause. Wir verabschiedeten uns.


In der Herberge war ich um 19.30 Uhr die letzte Pilgerin die eintraf. Die Herberge war ebenfalls ausgebucht. Auch hier wurde ich sehr herzlich empfangen. Konnte meine Kleidung waschen und trockenen, mich duschen und dann fiel ich auch schon ins Bett.

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Dein Bruder (Freitag, 07 Juni 2019 07:47)

    Das ist schön zuhören das die dich aufgemuntert haben��

  • #2

    Jessica W. (Freitag, 07 Juni 2019 13:02)

    Auch wenn die anderen Pilger nicht so herzlich sind, wie im letzten Jahr, hoffe ich für dich, dass du trotzdem eine schöne Erfahrung und Erinnerung an diesen Camino hast ��

  • #3

    Silvia F. (Freitag, 07 Juni 2019 14:01)

    Es ist sicherlich schwierig, wenn man bereits Erwartungen hat an eine Reise hat. Jede hat ihren Reiz. Komm gesund zurück und du hast bestimmt viel zu erzählen �� Lg