Was für ein Tag!!!
Aber alles der Reihe nach.
Ich bin heute früh aufgewacht und konnte nach einem kleinen Frühstück bereits vor 7 Uhr starten.
Viele der anderen Mitpilger haben noch geschlafen. U.a. die beiden Damen aus Holland, die gestern zu zweit zwei Flaschen Wein ausgetrunken haben und ganz lustig waren. Sie haben den Camino erst vor drei Tagen in Lèon begonnen uns sind noch in einer ganz anderen "Camino Phase" als ich (zu den "Camino Phasen" schreibe ich noch an einer anderen Stelle mehr). Sie waren auf jeden Fall sehr gut drauf und sehr an mir interessiert. Eigentlich war ich ursp. garnicht in der Konversationsstimmung, die beiden waren aber sehr nett. Nach den beiden Flaschen Wein sind sie dann allerdings sehr schnell im Bett gelandet. 🤣
Bevor ich die Herberge verließ, kam ein anderer Pilger rein um sich wärmer anzuziehen. Wir hatten zu diesen Zeitpunkt 2°C! Ich ging also los und war relativ allein. Das war aber sehr angenehm, vor allem morgens mag ich die Ruhe sehr. Es war aber echt kalt und windig.
Kurz vor dem nächsten Ort kamen mir auf der Strasse plötzlich zwei große Hunde entgegen. Weit und breit war kein Mensch zu sehen. Ich bekam etwas Angst. Hob vorsichtshalber zwei große Steine auf und hatte meine Wanderstöcke parat. Dann hielt ich mich an das was ich für diesen Fall gelesen habe: nicht direkt anschauen, ruhig vorbeigehen. Dir Hunde waren nicht an mir interessiert und gingen vorbei. Der eine war ein Schäferhund, der andere eine andere größere Rasse. Gott sei Dank!
In dem nächsten Ort trank ich einen Kaffee und telefonierte per Whatts App Video mit meinen Eltern. Ich war die einzige Kundin. Währenddessen kam der Pilger von heute früh rein, merkte dass ich auf polnisch telefonieren und begrüßte mich dementsprechend. Er bestellte sich ein Sandwich an der Bar, dass leider nicht nah seinen Vostellungen klappte. Er bat mich um Hilfe. Danach war er zufrieden. Er setzte sich zu mir, erzählte, dass er ebenfalls ursp. aus Polen kommt und im Emsland lebt. Er beherrscht keine andere Sprache außer Polnisch und Deutsch und es ist für ihn auf dem Camino besonders schwierig sich zu verständigen.
Ich kann das nur bestätigen. Ich spreche unheimlich viel Englisch hier und meine rudimentären Spanischkenntnisse waren mir schon vielfach hilfreich, denn die Spanier hier sprechen kaum Englisch.
Nach dieser Ortschaft fing es plötzlich an zu schneien! Ich dachte nur: was?! Die Landschaft veränderte sich langsam, erinnerte mich etwas an unsere Lüneburger Heide.
Kurz vorm Erreichen der nächsten Ortschaft wurde es teilweise relativ voll. An einer engeren Stelle staute es sich sogar, da manche nicht so schnell voran kamen.
Ich sprach kurz mit zwei Frauen, die ebenfalls aus Polen kamen. Sie fingen den Camino ebenfalls in Lèon an. Es gibt immer mehr von "den anderen Pilgern", die ihren Camino viel weiter als in St. Jean angefangen habe. Irgendwie eigenartig... Bisher traf ich nur welche, die den Camino ebenfalls an derselben bzw. nahen Stelle wie ich begonnen haben.
In Foncebadón machte ich dann Halt um mich aufzuwärmen. Es gab leckere, heiße Suppe und Tee. Um 10 Uhr morgens! Egal, für mich war Mittagszeit.
Danach lief ich wieder relativ alleine auf den höchsten Punkt des ganzen Caminos: 1515hm. Bei 1°C, Schnee und Wind.
Ich erreichte den Cruz de Ferro, den höchsten und gleichermaßen den symbolträchtigsten Punkt des gesamten Jakobsweges. Über einem gewaltigen Steinhaufen erhebt sich ein hoher Eichenstamm, der an seiner Spitze das Eisenkreuz trägt. Jeder Pilger fügt einen Stein hinzu und trägt damit zu einer tausendjährigen Pilgertradition bei. Das Ablegen eines Steines ist das symbolische Zeichen für das Ablegen innerer persönlicher Lasten. Ich hatte ebenfalls meinen Stein dabei und wurde kurz vor dem Ablegen doch sehr emotional...
Scheinbar ist der Ort auch sehr touristisch ausgelegt. Es gab eine Reisegruppe dort, welche mit einem Bus hoch transportiert wurde und etwas unterhalb wieder abgeholt wurde...
Trotzdem herrschte dort eine sehr ruhige Stimmung. Jeder war sehr in sich eingekehrt...
Lange ging es noch relativ eben, bis es irgendwann steil runter ging. Ich war in meinem Element, Runterlaufen ist nämlich meine Königsdisziplin. Ich liebe es schnell runterzulaufen und über Hindernisse zu hüpfen.
Ich überholte auch diese Weise viele Leute und genoß die traumhafte Aussicht.
Nach einer langen Durststrecke war es endlich eine Landschaft, die mir sehr gefiel. Und der immer wiederkehrende leichte Regen störte mich kaum.
Ich hatte den ursprünglichen anvisierten Übernachtungsort erreicht. Es war aber noch nicht mal 14 Uhr. Viel zu früh um Abzubrechen und ich war fit und wollte weiter. Nach einer kleinen Stärkung führte ich den Weg fort.
Ich war mal wieder relativ alleine unterwegs. Ging durch einen kleine netten Ort hindurch.
Danach sollte es wieder steil runtergehen, ich freute mich! Und dann: der Weg bestand aus Felsen und durch den Weg war es besonders rutschig. Ich musste mich sehr konzentrieren um nicht den Halt zu verlieren.
Danach wurde es besser. Die Landschaft war grandios. Alles saftig grün. Esskastanien, duftende Kräuter, Blumen und harzihe nach Weihrauch riechende Zystrosensträucher (habe ich aus dem Reiseführer 😉).
Nach etwas über 34km errichte ich meine Unterkunft, in einer schönen alten Stadt mit Kopfsteinpflaster, Molinaseca.
In der Herberge nahm ich mir diesmal ein normales Bett und kein Etagenbett. Außer mir war nur ein spanischer Radpilger da. Wir haben uns aber nicht unterhalten.
In einem empfohlenen Restaurant bestellte ich mir ein 3-Gängiges Pilgermenü und bekam eine Flasche Rotwein für mich alleine! Ich verdrückte alles, so einen Hunger hatte ich. Dann bekam ich eine Mail von Ivan, dass er ebenfalls in der Stadt ist. Er gesellte sich zu mir und half mir beim Rotwein. 🍷🤣
Aufgrund des langen und anstrengenden Tages war der Abend dann aber entsprechend kurz.😴
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Silvia F. (Montag, 14 Mai 2018 22:08)
Es ist schon beeindruckend wie unterschiedlich die Landschaften sind, die du an einem einzigen Tag durchwanderst. 34 km Respekt - wir haben gestern 27 km geschafft und waren echt fertig! Mach weiter so �� LG
Holger (Montag, 14 Mai 2018 22:17)
Welch ein erlebnisreicher Tag...
Michaela G. (Dienstag, 15 Mai 2018 11:51)
Schön, dass du nun wieder fit bist! Die Landschaft ist echt toll. Lass es dir weiterhin gut gehen.
Berit (Mittwoch, 16 Mai 2018 06:38)
Liebe Sylwia,so,nach meinem Urlaub habe ich jetzt erstmal binge reading gemacht :-) und Du erlebst wirklich so viel gerade. Du kriegst viel Schönes zu sehen und gleichzeitig solche kleinen Schreckmomente wie allein streunernden Hunden zu begegnen, uuuaa. Die Kontakte zu anderen Pilgern klingen auch interessant und sind sicher auch eine gute Stütze, aber schön, dass auch noch Raum für etwas Innensschau bleibt. Viel Erfolg weiterhin und koste diese Tage aus! LG
Anne (Donnerstag, 17 Mai 2018 12:02)
Jetzt gefällt mir die Landschaft wieder richtig gut. Wie weit ist es noch? Hast Du noch Lust?
Dein Bruder! (Samstag, 19 Mai 2018 07:14)
Ich sehe immer tolle Landschaften Fotos von dir die echt schön sind. Ich wünsche dir weiter viel Erfolg und Spaß.